Fantasy: das ungeliebte Stiefkind der Belletristik
Wenn ich in einen Buchladen gehe, führt mein Weg mich neben den Mangas zur Fantasy. Und die versteckt sich in der hintersten Ecke, wie das ungeliebte Stiefkind, mit dem die Familie "Belletristik" nicht viel anfangen kann. Ich übertreibe natürlich bewusst. Die Buchläden sind hell und einladend. Suchen muss ich die Fantasy trotzdem erstmal. Und von einigen Fantasy-Autoren habe ich diesen Stiefkind-Vergleich schon öfter gehört. Darum mache ich mir in diesem Blog ein paar Gedanken zu meinem Lieblingsgenre: der Fantastik.

Das Abenteuer Fantastik
Ich finde es spannend, dass gerade die fantastischen Geschichten sich ins Gedächtnis brennen. Selbst wenn du "Herr der Ringe", "Harry Potter" oder "Game of Thrones" nicht gesehen oder gelesen hast – du hast definitiv schon mal davon gehört. Das sind Geschichten, die
• die Fantasie anregen,
• mitnehmen in eine andere Welt und
• spannende Einblicke geben.
Sie treten aus der Box heraus und beschäftigen sich auch mit dem Anderen. Zugleich finden sich politische, emotionale und nachhaltige Themen darin – alles verpackt in ein gewaltiges Abenteuer. Und ich glaube, dass diese Geschichten deswegen so beliebt sind. Ich bekomme ein riesiges Gesamtpaket. Darum hat die Fantasy auch mehr Aufmerksamkeit verdient.
Zu viel Realität
Bei Krimis, Thrillern, Horror und Romance ist mir die Realitätsdosis zu hoch. Dabei hätte ich vermutlich mehr Auswahl, würde ich mir auch dort Lesestoff suchen. Ich verrate dir meine Gründe, warum ich Bücher dieser Genres nicht in die Hand nehme:
- Krimis schüren meine reellen Ängste. Ich würde wohl anfangen, jeden auf der Straße zu verdächtigen.
- Nach Thriller kann ich nicht mehr schlafen und würde das Haus nicht mehr verlassen.
- Im Horror kommen zwar auch oft fantastische Elemente vor, der Grusel wird jedoch so verpackt, dass es auf mich dieselbe Wirkung hat wie ein Thriller.
- Mit Romance kann ich wenig anfangen. Ich krieg die Krise bei angeblich natürlichen, aufgezwungenen und zementierten Rollenbildern.

Warum ausgerechnet Fantasy?
Ich lese (und schreibe) lieber Geschichten, die ich in der Realität nicht haben kann. Die mich zum Träumen einladen und mich in andere Welten entführen, die aber auch Botschaften unter der Oberfläche tragen. Was ich daran angenehm finde:
- Es gibt magische Wesen wie Elfen, Dämonen, Vampire, Werwölfe, Drachen und vieles mehr.
- Der Fokus bei Fantasy liegt auf einem Abenteuer.
- Ich liebe gute Kampfszenen.
-
Ernste Botschaften wie der Kampf gegen die Unterdrückung sind in eine fantastische Hülle gekleidet.
- Moralisch fragwürdige oder gar verwerfliche Handlungen, die in der Realität verurteilt würden, lassen sich mit gewissem Abstand beleuchten.
- Ich kann mich mit problematischen oder schwierigen Themen auseinandersetzen, ohne dass sie mich im Alltag beeinträchtigen.
- Die Botschaften im Text sind ein Angebot, keine Belehrung. Ich kann sie für mich mitnehmen oder nicht, je nach aktuellem Gemütszustand.
Der Fantasybaum wächst
Es werden immer mehr Subgenre, die dem Samen der Fantasy entspringen. Als ich darüber nachdachte, erschien vor meinem inneren Auge ein Baum. Der Stamm ist die Fantasy an sich. Dann kommen die ersten dicken Äste, wo es zur Urban Fantasy, High Fantasy, Dark Fantasy und Romantasy geht. Und dort verzweigen sich die Subgenres immer weiter. Es gibt so viele Nischenthemen, die entdeckt werden – genauso wie Abenteuer.
Während Geschichten, die in der Realität spielen, irgendwann automatisch an natürliche Grenzen stoßen, kann ich als Autor die Grenzen als Rahmen betrachten, aus dem ich heraustrete und mich umsehe, was ich jenseits davon finde und erkunden möchte.

Die Fantasy meiner Wahl
Ich unterteile meine Geschichten in die Oberkategorien. Da findest du:
Ich fokussiere mich auf Urban Fantasy und High Fantasy, aber du wirst teilweise auch Elemente der Dark Fantasy und Romantasy bei mir vorfinden. Gerade die Romantasy steht bei mir nicht im Fokus, sie läuft als natürliches Element neben dem Abenteuer mit. Und ich schreibe gern andere und queere Figuren, weil ich keine Stereotypen mag. Ich habe mir im Jugendalter schon queere fantastische Geschichten gewünscht. Und auch heute erhalten sie meiner Meinung nach zu wenig Beachtung.
Realitätsflucht mit realistischen Elementen
Ich bin der Meinung, die Fantasy ist so viel mehr als das ungeliebte Stiefkind. Es mag vielleicht anders aussehen als der Rest der Belletristik-Familie. Aber es bringt auch kreative und/oder ernste Gedanken in einer einzigartigen Verpackung mit. Und davon gibt es unzählige. Genauso unzählig sind die Kombinationen, die möglich werden, wenn du dich darauf einlässt und anderen Welten öffnest.
Natürlich ist es auch eine Flucht, wenn der Alltag zum Beispiel gerade total ätzend war. Dann wartet zwischen den Buchseiten ein Abenteuer auf mich mit magischen Wesen, die ich ein Stück begleiten kann. Daraus ziehe ich Kraft und wenn ich wieder in die Realität zurückkehre, geht es mir schon wieder besser. Und vielleicht hab ich auch eine neue Idee gefunden oder grüble über einem Gedanken aus einem anderen Blickwinkel.

16.02.2025
Aria Rauh | Fantasy-Autorin